Mit Hybridkeramik noninvasiv restaurieren

Dr. Saskia Preissner (Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin Charité Berlin, Deutschland) verfügt über fast zwei Jahre Erfahrung im klinischen Einsatz der Hybridkeramik VITA ENAMIC. Dabei konnte sie auch Erkenntnisse im Rahmen der noninvasiven Versorgung von Patienten gewinnen. Im folgenden Interview berichtet sie von ihren Erfahrungen.

DV: Frau Dr. Preissner, über welchen Zeitraum beobachten Sie bereits den klinischen Einsatz von VITA ENAMIC an der Charité in Berlin?

Dr. Preissner: Wir konnten bereits im Rahmen der klinischen Pilotphase erste Fälle mit dem Material versorgen. Deshalb können wir auf Erfahrungen mit Patienten zurückgreifen, die wir bereits seit zwei Jahren beobachten. Das ist vielleicht noch nicht lange genug, um wissenschaftlich relevante Aussagen zu treffen, aber innerhalb dieses Zeitraums sind unsere Arbeiten allesamt intakt geblieben. Das Randverhalten von einigen Restaurationen untersuchen wir momentan im Rasterelektronenmikroskop (REM).

DV: In einer Falldokumentation im „Open Dentistry Journal“ berichten Sie von der Behandlung einer Patientin mit stark abradiertem Gebiss, welche mit Kronen versorgt wurde. Die Wandstärken der Kronen lagen teilweise im Bereich von 0,5 mm. Was lässt Sie erwarten, dass sich Restaurationen mit solch geringen Wandstärken langfristig klinisch bewähren?

Dr. Preissner: Wenn ausreichend Platz zur Verfügung stünde, würde ich als Behandlerin nicht auf die Idee kommen, Kronen mit Wandstärken von 0,5 mm schleifen zu lassen. In dem beschriebenen Fall war die Ausgangssituation allerdings so, dass die Patientin ihre koronale Zahnhartsubstanz fast vollständig verloren hatte und sie verständlicherweise nicht durch Kronenpräparation an 18 Zähnen noch auf weitere Substanz verzichten wollte. Nach einer Bisshebungstherapie versorgten wir sie mit Kronen, ohne dass auch nur einen Zahn beschliffen werden musste, und haben sie somit wirklich noninvasiv behandelt – wenn man von den wenigen Mikrometern Zahnhartsubstanz absieht, die bei der Säure-Ätz-Technik verloren gingen. Genau dieser noninvasive Therapieansatz lässt mich hoffen, dass die biomimetischen Materialeigenschaften von VITA ENAMIC sich so günstig auswirken, dass diese Patientin noch viele Jahre Freude an ihrer Versorgung hat, denn als Zahnärzte wollen wir nach Möglichkeit Zahnhartsubstanz erhalten.

DV: Sie beobachten diesen Fall nun bereits seit weit über einem Jahr im Rahmen von regelmäßigen Kontrollterminen. Wie beurteilen Sie die klinische „Performance“ von Restaurationen aus der Hybridkeramik nach dieser Tragedauer?

Dr. Preissner: Es sind inzwischen tatsächlich annähernd zwei Jahre Tragezeit. Die Patientin ist nach wie vor sehr zufrieden. Die zervikalen Ränder sind alle intakt und da sie zum Großteil supragingival liegen, sind sie der häuslichen Mundhygiene auch gut zugänglich. Ferner polieren wir die Kronen im Rahmen unserer Kontrolltermine bzw. bei der professionellen Zahnreinigung regelmäßig.

DV: Nun haben Sie die Hybridkeramik insbesondere bei minimal- und noninvasiven Versorgungen eingesetzt. Für welche weiteren Indikationen eignet sich dieser Werkstoff aufgrund seiner besonderen Eigenschaften noch und wo könnte er sich darüber hinaus in Zukunft bewähren?

Dr. Preissner: Grundsätzlich ist das Indikationsgebiet groß, wir interessieren uns aber eher für genau die Fälle, bei denen andere Materialien weniger geeignet sind. Wir hatten zum Beispiel überlegt, ob mit der Hybridkeramik die Idee der Endokrone zu neuer Aktualität gelangen könnte. Endokronen waren meiner Meinung nach ein ziemlich guter Ansatz, um tief zerstörte Zähne ohne Fassreifeneffekt bestmöglichst zu versorgen. Also nutzte man die Wurzelkanaleingänge als Retentionshilfe. Leider frakturierten diese Zähne häufiger. Vielleicht lag das an den sehr festen Keramiken. VITA ENAMIC verhält sich jedoch dentinähnlich. Eine In-vitro-Studie hierzu ist in Arbeit, und unabhängig davon versorgen wir ausgewählte Patienten, bei denen die therapeutische Alternative sonst die Extraktion wäre, mit Endokronen.

Dr. Saskia Preissner
Berlin
„Innerhalb eines Zeitraums von knapp zwei Jahren sind alle unsere Arbeiten intakt geblieben.“
Dr. Saskia Preissner
Berlin
Abb. 1a: Ausgangssituation: Erosionsgebiss eines Patienten.
Abb. 1a: Ausgangssituation: Erosionsgebiss eines Patienten.
Abb. 1b: Ausgangssituation.
Abb. 1b: Ausgangssituation.
Abb. 2a: Endergebnis: nach der Versorgung mit VITA ENAMIC.
Abb. 2a: Endergebnis: nach der Versorgung mit VITA ENAMIC.
Abb. 2b: Endergebnis.
Abb. 2b: Endergebnis.