Hybridkeramik versus Komposit: die Qualität des Haftverbunds im Test
Die volladhäsive Befestigung ist ein entscheidender Faktor für die Langzeitbeständigkeit indirekter Restaurationen. Dabei ist die zuverlässige Konditionierung des Werkstoffs essenziell. Hierzu muss für jeden Werkstoff ein abgestimmtes Befestigungsprotokoll konzipiert werden. Die Hybridkeramik VITA ENAMIC (VITA Zahnfabrik, Bad Säckingen, Deutschland) besteht beispielsweise aus einer polymerinfiltrierten Glaskeramikmatrix und kann deshalb mit Flusssäure geätzt werden. Komposite werden hingegen abgestrahlt, da sie eine Polymermatrix besitzen, in die keramische Füllkörper eingebettet sind. In einer In-vitro-Studie hat Dr. Berit Müller (Bad Säckingen, Deutschland) den Haftverbund eines Befestigungssystems zu Hybridkeramik und Kompositen untersucht. In diesem Interview berichtet sie von ihren Erkenntnissen.
DV: Wie sind Sie bei der Untersuchung der Qualität des Haftverbundes zu Hybridkeramik und Komposit vorgegangen?
Dr. Berit Müller: In dieser Testreihe wurde der Haftverbund von Variolink Esthetic zu einigen CAD/CAM-Materialien untersucht. Dafür wurden aus jedem Material je fünf Probekörper à zwei Probenteilen hergestellt. Bei der Konditionierung der Proben wurden die jeweiligen Herstellervorgaben exakt befolgt. Nach der Verklebung der Probenteile wurde die Druckscherfestigkeit mittels Universalprüfmaschine ermittelt.
DV: Beim Haftverbund zur Hybridkeramik haben Sie vergleichsweise hohe Verbundwerte ermittelt. Worauf lassen sich diese guten Werte zurückführen?
Dr. Berit Müller: Der gute Haftverbund des Befestigungssystems zur Hybridkeramik VITA ENAMIC ist auf die gute Vorkonditionierbarkeit des Materials mittels Flusssäureätzung zurückzuführen. Zudem begünstigt auch der vergleichsweise hohe Keramikanteil (86 Gew.-%) den Haftverbund.
DV: Wodurch unterscheidet sich der Haftverbund zur Hybridkeramik im Vergleich zu den untersuchten Kompositen?
Dr. Berit Müller: Die Hybridkeramik verfügt über eine polymerinfiltrierte Glaskeramikmatrix, die eine fest versinterte Keramikstruktur aufweist. Bei der Flusssäureätzung wird diese Keramikstruktur oberflächlich angeraut. Der Verbund des Keramiknetzwerks bleibt dabei vollkommen intakt. Die aufgeraute Oberfläche sorgt im Ergebnis für eine gute mikromechanische Retention. Komposite bestehen hingegen aus einer Polymermatrix, in die keramische Füllkörper eingebettet sind. Im Falle einer Flusssäureätzung besteht die Gefahr, dass sich die Füllkörper aus der Polymermatrix lösen. Die Oberflächenvergrößerung wird hier mittels Sandstrahlen erreicht.
DV: Welchen Einfluss hat die Vorkonditionierung der Restauration auf die Qualität des Haftverbundes und welche Unterschiede gibt es hier zwischen Hybridkeramik und Komposit?
Dr. Berit Müller: Die Vorkonditionierung der Materialien hat einen großen Einfluss auf den Haftverbund. Wie beschrieben wird durch die Flusssäureätzung die Klebefläche aufgeraut und dies sorgt dann für eine gute Verzahnung mit dem Befestigungskomposit, was sich wiederum positiv auf den Haftverbund insgesamt auswirkt. Dabei darf die Konditionierungsmethode jedoch nicht das Materialgefüge tiefer schädigen. Im Gegensatz zur Flusssäureätzung besteht beim Sandstrahlen hierfür ein gewisses Risiko. Die Materialaufrauung ist dabei weniger gleichmäßig und die Schädigung geht tiefer in das Materialgefüge hinein.
DV: Für das Komposit CERASMART haben Sie zwei Konditionierungsprotokolle getestet. Welche Erkenntnisse konnten Sie hierbei gewinnen?
Dr. Berit Müller: Als einziger Hersteller hat GC für das Material CERASMART zwei Vorkonditionierungsverfahren freigegeben: Flusssäureätzen und Sandstrahlen. Daher wurden auch beide Verfahren getestet. Die Vorkonditionierung von CERASMART mittels Flusssäure lieferte im Test allerdings schlechtere Ergebnisse als die Vorkonditionierung durch Sandstrahlen.
DV: Was sind aus wissenschaftlicher Sicht die zentralen Erfolgsfaktoren für die adhäsive Befestigung im Praxisalltag?
Dr. Berit Müller: Neben der Flusssäureätzung ist vor allem der chemische Verbund zwischen Materialoberfläche und Befestigungsmaterial wichtig. Dazu dienen die Haftvermittler. Wird auf Flusssäureätzung oder Silanisierung verzichtet, sind die Verbundwerte deutlich schlechter und die Wahrscheinlichkeit von Dezementierungen steigt an.
Bericht 07/18